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Ohne Einlass kein Geld
Wer durch Tun oder Unterlassen vorsätzlich oder fahrlässig die Durchführung einer vollständigen Vor-Ort-Kontrolle verhindert, hat keinen Anspruch auf die Betriebsprämie. Unter Umständen muss sich ein Antragsteller das Verhalten seines Gesellschafters zurechnen lassen. Anmerkungen zum Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 18.01.2017, Az.: 11 K 1025/16.
Sachverhalt (Auszug):
Die Klägerin ist eine Gesellschaft in einer im Urteil nicht näher bezeichneten Rechtsform. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 01.04.2011 zum 01.04.2012 gegründet. Die B ist Gesellschafterin der Klägerin. Im Februar 2012, d. h. vor Existenz der Klägerin, sollte im Betrieb der B eine Vor-Ort-Kontrolle stattfinden. Der Ehemann der B wies einen Mitarbeiter in ihrem Auftrag an, den Kontrolleuren das Betreten des Betriebsgeländes während ihrer Abwesenheit zu verwehren. Der Mitarbeiter verwehrte den Kontrolleuren daraufhin den Zutritt.
Im März 2012 kam es bei der B zu einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle. Es wurden bei dieser Kontrolle mehrere als vorsätzlich bewertete Verstöße gegen die Cross-Compliance-Vorschriften festgestellt. Die Klägerin stellte sodann am 30.04.2012 beim Beklagten einen Antrag auf Auszahlung der Betriebsprämie 2012. Der Beklagte kürzte die beantragte Betriebsprämie wegen der verweigerten Vor-Ort-Kontrolle um 100 %. Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin.
Urteil:
Das Verwaltungsgericht Minden gab dem Beklagten Recht und wies die Klage als unbegründet ab. Rechtsgrundlage für die Kürzung sei nach Auffassung der Richter der damals geltende Art. 26 Abs. 2 VO (EG) 1122/2009. Danach werden die betreffenden Beihilfeanträge abgelehnt, falls der Betriebsinhaber oder sein Vertreter die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht. Die Richter weisen in der Entscheidung darauf hin, dass es sich bei dem „Unmöglichmachen“ um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handele. Dieser sei in allen Mitgliedsstaaten einheitlich dahingehend auszulegen, dass neben vorsätzlichem Handeln jedes Tun oder Unterlassen erfasst ist, das auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers oder seines Vertreters zurückgeführt werden kann und zur Folge hat, dass die Vor-Ort-Kontrolle nicht vollständig durchgeführt werden kann. Dies soll dann gegeben sein, wenn der Betriebsinhaber oder sein Vertreter nicht alle Maßnahmen getroffen haben, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass die Kontrolle vollständig durchgeführt wird. Zum Beispiel muss der Betriebsinhaber der betreffenden Zahlstelle eine Telefonnummer mitteilen, unter der er erreichbar ist.
Der Begriff des Vertreters sei nach Ansicht der Richter inhaltlich dahingehend auszulegen, dass bei Vor-Ort-Kontrollen jede volljährige geschäftsfähige Person erfasst wird, die auf dem Hof wohnt und der zumindest ein Teil der Bewirtschaftung des Hofes anvertraut wurde, sofern der Betriebsinhaber klar seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, sie mit seiner Vertretung zu betrauen und sich damit verpflichtet hat, für jedes Tun und Unterlassen dieser Person einzustehen. Die Richter wiesen jedoch auch darauf hin, dass ein Betriebsinhaber, der nicht auf seinem Hof wohnt, nicht verpflichtet sei, einen Vertreter zu bestellen, der grundsätzlich jederzeit auf dem Hof erreichbar ist.
Das Verwaltungsgericht Minden bewertete den Vorfall aus Februar 2012 als ein beihilferelevantes Unmöglichmachen einer Vor-Ort-Kontrolle. Die Richter verwiesen darauf, der Betriebsinhaber habe den zuständigen Kontrolleuren das Betreten der Geschäfts-, Betriebs- und Lagerräume sowie der Betriebsflächen während der Geschäfts- und Betriebszeiten zu gestatten, auf Verlangen die in Betracht kommenden Bücher, Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke, Datenträger, Karten und sonstige Unterlagen zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, Auskunft zu erteilen und die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Ein Betriebsinhaber verhindere eine wirksame Vor-Ort-Kontrolle bereits dann, wenn er oder sein Vertreter u.a. keine Auskünfte erteilen, keine Einsicht in Unterlagen gewähren oder die erforderliche Unterstützung nicht gewähren. Insoweit liege es im Verantwortungsbereich des Betriebsinhabers, dass er oder sein Vertreter zum Zwecke der Durchführung einer Kontrolle stets erreichbar seien und zur Verfügung stünden. Er habe hierzu entsprechende Vorsorge zu treffen, etwa indem er über seine Beschäftigten oder Familienangehörigen erreichbar ist oder indem er einen stets erreichbaren Vertreter benennt, der die erforderliche Mitwirkung des Betriebsinhabers im Rahmen der Überwachung gewährleisten kann. Nach Auffassung der Richter habe die B als die zum damaligen Zeitpunkt alleinige Betriebsinhaberin nicht alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, die vernünftigerweise von ihr verlangt werden konnten, um die Vor-Ort-Kontrolle im Februar 2012 durchführen zu können. Sie hat keine Vorsorge getroffen, dass die Kontrolle trotz ihrer Abwesenheit durchgeführt werden kann und sie hat ihren Mitarbeiter angewiesen, die Kontrolleure nicht ohne ihre Anwesenheit auf das Gelände zu lassen. Aus diesem Grund scheiterte die Durchführung der Vor-Ort-Kontrolle. Die Klägerin, die im Februar 2012 noch nicht existierte, müsse sich das Verhalten der B zurechnen lassen.
Die Richter wiesen abschließend darauf hin, dass es einer vorherigen Ankündigung der Vor-Ort-Kontrolle nicht bedurft hatte. Bei Kontrollen im Jahr 2011 seien auch bereits Verstöße festgestellt worden, so dass der Prüfungszweck bei einer Ankündigung der Kontrolle gefährdet gewesen wäre.
Anmerkungen:
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Minden zu den Pflichten des Betriebsinhabers im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle sind nicht neu. Bemerkenswert ist dagegen der knapp gefasste Hinweis der Richter darauf, dass sich die Klägerin das Verhalten ihrer Gesellschafterin B im Antragsjahr 2012 zurechnen lassen muss. Die Klägerin haftet damit für das Verhalten der B zu einem Zeitpunkt vor der eigenen Existenz. Ob die vom Verwaltungsgericht Minden ausgeurteilte Haftung nur in den Fällen greift, in dem die später gegründete Gesellschaft den Betrieb des betreffenden Gesellschafters übernommen hat, lassen die Richter allerdings offen.
Constanze Nehls
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Agrarrecht
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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