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Geht das Pachtverhältnis in die Verlängerung?


veröffentlicht am: 08. Dezember 2020

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat über die Frage entschieden, ob und für welchen Zeitraum ein Pächter vom Verpächter die Fortsetzung des Pachtverhältnisses verlangen kann.


OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.05.2019 – 2 W XV 1495/18


Der Sachverhalt

Die Parteien streiten um die gerichtlich anzuordnende Fortsetzung eines Pachtverhältnisses. Bei den Antragstellern handelt es sich um eine GmbH & Co. KG (Antragsteller 1) und um zwei natürliche Personen (Antragsteller 2 und 3). Die Antragsteller 2 und 3 sind die Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin des Antragstellers 1. Der Antragsteller 1 wurde im Jahr 1990 gegründet. Der Antragsteller 3 ist am 12.05.1988 geboren.


Streitgegenständlich sind Flächen in einer Gemarkung N. Bei den im Antrag genannten Flurstücken 25, 26, 27 und 29 handelt es sich um Gebäude- und Freiflächen und teilweise um Landwirtschaftsflächen. Die Flurstücke 215 und 217 sind reine Landwirtschaftsflächen. Die Flächen werden zur Saatzucht genutzt.

Über die streitgegenständlichen Flächen gibt es seit dem Jahr 1975 verschiedene Pachtverträge mit unterschiedlichen Beteiligten sowohl auf Verpächter- als auch auf Pächterseite. Allerdings wird der Antragsteller 2 in allen Pachtverträgen entweder als alleiniger Pächter oder als Mitpächter benannt. Der Antragsteller 1 ist in den Pachtverträgen nie als Pächter berücksichtigt worden. Er betreibt auf den Pachtflächen jedoch seit dem Jahr 1990 einen Saatzuchtbetrieb. Zudem hat er die Pachten gezahlt.


Am 30.09.2004 schlossen die Antragsteller 2 und 3 als Pächter einen schriftlichen Pachtvertrag im Sinne des § 585a BGB. Der Pachtvertrag bezog sich unter anderem auf die streitgegenständlichen Flächen und war bis zum 30.09.2009 befristet. Der Pachtvertrag sah vor, dass die gewerbliche Nutzung der Flächen einem Genehmigungsvorbehalt unterlag. Von diesem Vorbehalt war die gewerbliche Nutzung im Zusammenhang mit dem Saatzuchtbetrieb des Pächters nach 1.6 des Pachtvertrags jedoch ausgenommen.

Verpächter war der damalige Flächeneigentümer Dr. B. Der Antragsgegner und Neffe des Dr. B wurde im Jahr 2007 Eigentümer der streitgegenständlichen Flächen. Der Antragsgegner gewährte Dr. B. bis zum Jahr 2012 ein Nießbrauchrecht an den streitgegenständlichen Flächen.


Dr. B wandte sich mit Schreiben vom 26.03.2009 an die Antragsteller 2 und 3 und bot ihnen die Verlängerung des Pachtverhältnisses über den 30.09.2009 hinaus an. Er setzte ihnen eine Annahmefrist zum 20.04.2009.


Der Antragsteller 2 antwortete Dr. B. mit Schreiben vom 10.04.2009, welches er auf dem Briefkopf des Antragstellers 1 formulierte. Die Annahme des Verlängerungsangebots erfolgte sodann mit Schreiben vom 20.04.2009 . Der Antragsteller 2 formulierte die Annahme auf dem Briefkopf der Antragsteller 2 und 3 in eigenem Namen und in Vertretung und Vollmacht des Antragstellers 3.


Der Antragsteller 3 unterzeichnete am 05.09.2009 die „Vereinbarung über den Bau einer Beregnungsleitung auf dem Betrieb N., H.-Straße 1“. Danach sollte entsprechend der Verlängerung des Pachtvertrags vom 26.03.2009 die Hofpacht in dem bisherigen Umfang bis 30.09.2010 laufen. In der Vereinbarung wurde die Hofpacht zudem mit der Einschränkung bis 30.09.2015 verlängert, dass der Verpächter gegebenenfalls Teile der Hoffläche, die für den Betrieb B. nicht zwingend erforderlich sind, mit jährlicher Kündigungsfrist aus dem Pachtvertrag herausnehmen kann. Sollte das Pachtverhältnis nicht über den 30.9.2015 fortgesetzt werden, sollten die Verpächter ausgehend von ca. X Euro Gesamtbaukosten die Beregnungsleitung mit Y Euro ablösen.


Die Beregnungsanlage wurde mit Bescheid vom 11.10.2011 genehmigt. Im selben Jahr haben die Antragsteller mit Neuzüchtungen begonnen.


Der Antragsgegner möchte die streitgegenständlichen Flächen selbst bewirtschaften. Er ist der Ansicht, der Pachtvertrag habe mit Ablauf des 30.09.2015 geendet.


Die Antragsteller beantragten mit Schriftsatz vom 30.12.2014 beim Amtsgericht Regensburg als Landwirtschaftsgericht die gerichtliche Anordnung, das Pachtverhältnis mit dem Antragsgegner für eine angemessene Zeit, mindestens jedoch bis zum 30.09.2023 fortzusetzen.


Die Antragsteller sind der Auffassung, die Beendigung des Pachtvertrags sei eine unzumutbare Härte, da diese eine existenzvernichtende Wirkung habe. Die Antragsteller tragen vor, dass ihnen alle Erträge aus der Saatzucht wegfallen, wenn die Zucht aufgrund der Beendigung des Pachtverhältnisses nicht mehr möglich wäre. Ohne die Hofflächen und Betriebsgebäude könne der Saatzuchtbetrieb nicht weitergeführt werden, da diese die einzige und ausschließliche Existenzgrundlage der Saatzucht bildeten. Der Standort könne nicht verlagert werden. Bei dem Erhalt des Betriebs gehe es um die Existenzgrundlage des Pächters und seiner Familie. Es sei jedenfalls ein Zeitraum bis zum Jahr 2023 erforderlich, um ggf. geeignete Ersatzflächen in Bayern finden und den Betrieb vollständig umsiedeln zu können Die Suche von geeigneten Grundstücken, der Ankauf, entsprechende Planungen und die Genehmigung sowie die Errichtung von Gebäuden seien nicht vor dem 30.09.2023 zu bewerkstelligen. Der Antragsteller 1 sei die wesentliche wirtschaftliche Lebensgrundlage der Antragsteller 2 und 3.


Das Amtsgericht Regensburg hat den Antrag der Antragsteller auf Fortsetzung des Pachtverhältnisses zurückgewiesen. Es begründete die Entscheidung damit, dass bereits eine Nutzungszeit von mehr 18 Jahren bestanden habe und damit die Höchstfrist des § 595 Abs. 6, Abs. 3 Nr. 3 BGB überschritten sei. Die Frage, wer Pächter der streitgegenständlichen Flächen war, ließ das Amtsgericht Regensburg offen.


Die Antragsteller wenden sich nunmehr in der Beschwerdeinstanz gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Ravensburg. Sie wollen den Antragsgegner verpflichten, das Pachtverhältnis über die streitgegenständlichen Flächen zwischen dem Antragsteller 1 oder den Antragsteller 2 und 3 für angemessene Zeit, mindestens bis zum 30.09.2023, fortzusetzen.


Der Beschluss

Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Nach Ansicht der Richter war eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses über den 15.03.2019 hinaus ausgeschlossen.


Die Richter führten zunächst aus, dass die Beschwerde des Antragsteller 1 unbegründet ist. Der Antragsteller 1 habe zu keiner Zeit in einem Vertragsverhältnis zum Antragsgegner bestanden. Aus diesem Grund sei er nicht berechtigt, den Fortsetzungsantrag nach § 595 Abs. 6 BGB zu stellen.
Das OLG Nürnberg prüfte die Frage nach dem Pächter der Flächen und damit nach dem richtigen Antragsteller sehr ausführlich. Für die Richter war es hierbei ohne Belang, dass der Antragsteller 1 die streitgegenständlichen Flächen seit dem Jahr 1990 bewirtschaftet und die Pacht gezahlt hat und dies dem Verpächter bekannt war. In diesem Fall komme eine vom Verpächter bewilligte Überlassung der Pachtsache durch die Antragsteller 2 und 3 an den Antragsteller 1 in Betracht. Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass nach § 267 Abs. 1 BGB auch ein Dritter die Pacht als Leistung bewirken kann und eine Einwilligung des Schuldners, mithin des Pächters, hierfür nicht erforderlich ist.


Das OLG Nürnberg schloss sich für die Pächterfrage der ständigen Rechtsprechung an, nach der für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit besteht. Für die Richter war entscheidend, dass in der Vertragsurkunde vom 30.09.2004 ausschließlich die Antragsteller 2 und 3 als Pächter und damit als Vertragspartner bezeichnet werden. Dafür, dass Erklärungen im Namen des Antragstellers 1 abgegeben werden sollten, gebe es keine Anhaltspunkte. Die Antragsteller 2 und 3 haben den Vertrag ohne jeglichen Hinweis und Zusatz, der für ein Handeln im fremden Namen sprechen könne, unterzeichnet. Insofern gilt für die Richter die Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB. Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt nach dieser Norm der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.


Das OLG Nürnberg konnte auch nicht erkennen, dass sich die Vertragsbeteiligten in einem gemeinsamen Irrtum über den richtigen Ausdruck für das Gewollte, d. h. über die Pächterstellung des Antragsteller 1 befunden haben oder dass sie mit der Nennung der Antragsteller 2 und 3 tatsächlich gemäß ihrem übereinstimmenden Willen den Antragsteller 1 bezeichnen wollten. Die in 1.6 des Pachtvertrags vereinbarte Ausnahme des Genehmigungsvorbehalts zeige, dass die handelnden Personen den Saatzuchtbetrieb, mithin den Antragsteller 1, gerade nicht als unmittelbaren Pächter angesehen haben. Darüber hinaus spreche gegen einen Irrtum gerade die Tatsache, dass die bereits seit 1990 erfolgende Bewirtschaftung durch den Antragsteller 1 allen Beteiligten bekannt und bewusst war, aber dennoch als Vertragspartner in den geschlossenen Pachtverträgen ausschließlich und eindeutig natürliche Personen als Pächter benannt wurden.


Auch aus der Tatsache, dass der am 30.09.2004 geschlossene Pachtvertrag zunächst schwebend unwirksam war, schlossen die Richter keine Vertragspartnerschaft des Antragstellers 1. Hintergrund der schwebenden Unwirksamkeit sei, dass der Antragsteller 3 bei Vertragsschluss am 30.09.2004 erst 16 Jahre alt und damit minderjährig war. Die schwebende Unwirksamkeit ergebe sich einerseits aus § 108 BGB, weil nicht beide gesetzlichen Vertreter ihre Einwilligung zum Pachtvertrag erklärt haben. Sie folge zudem aus der fehlenden familienrechtlichen Genehmigung des Pachtvertrags nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 5 BGB. Die schwebende Unwirksamkeit habe den Antragsteller 1 allerdings nicht zum Pächter werden lassen. Sie habe auch das Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller 2 nicht betroffen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller 2 den Vertrag im Jahr 2004 ohne eine wirksame Beteiligung des Antragstellers 3 als Mitpächter nicht abgeschlossen hätte, gebe es nicht.


Im Folgenden habe der Antragsteller 3, vertreten durch den Antragsteller 2, den Pachtvertrag vom 30.09.2004 mit der Annahme der Vertragsverlängerung vom 20.04.2009 jedenfalls konkludent genehmigt. Die formfreie und durch schlüssiges Verhalten mögliche Genehmigung führte zur vollen Wirksamkeit des Vertrags rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Abschlusses. Es kann nach Ansicht der Richter dahinstehen, dass der Antragsteller 2 auf das an ihn und den Antragsteller 3 adressierte Verlängerungsangebot vom 26.03.2009 mit Schreiben vom 10.04.2009 auf dem Briefkopf des Antragstellers 1 geantwortet hat. Die Annahme des Angebots sei schließlich mit Schreiben vom 20.04.2009 auf dem Briefkopf der Antragsteller 2 und 3 erfolgt, ohne dass der Antragsteller 1 erwähnt wurde. In dem Schreiben habe der Antragsteller 2 ausdrücklich auch in Vertretung und Vollmacht des Antragstellers 3 erklärt, das Angebot vom 26.03.2009 anzunehmen. Dieses sei auf die Verlängerung des zum 30.09.2009 auslaufenden Pachtvertrags vom 30.09.2004 gerichtet gewesen. Damit habe der Antragsteller 2 zum Ausdruck gebracht, dass eine Weiterführung des Pachtverhältnisses gewollt sei und habe dessen Bestehen bestätigt.


Darüber hinaus habe der Antragsteller 3 selbst den Pachtvertrag vom 30.09.2004 mit der Wirkung des § 184 BGB konkludent genehmigt, indem er am 05.09.2009 und damit vor Ablauf der Pachtzeit, die „Vereinbarung über den Bau einer Beregnungsleitung auf dem Betrieb N., H.-Straße 1“ unterzeichnete. Diese Vereinbarung habe sich auf die „Verlängerung des Pachtvertrags vom 26.03.2009“ bezogen und damit die Fortführung eines begründeten Pachtverhältnisses vorausgesetzt.


Nach den Ausführungen des OLG Nürnberg habe der Eigentumsübergang auf den Beschwerdegegner im Jahr 2007 wegen der gleichzeitigen Begründung eines Nießbrauchsrechts zugunsten des bisherigen Eigentümers zu keinem Wechsel des Verpächters geführt. Nach Ansicht der Richter müsse hierbei nicht entschieden werden, ob sich dies aus §§ 567, 593b BGB ergebe oder ob der Anwendungsbereich des § 566 BGB im Hinblick auf den Gesetzeszweck gar nicht eröffnet sei, weil im Fall einer Eigentumsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt wegen § 1030 Abs. 1 BGB nicht die Gefahr bestehe, dass der Verpächter die Pflichten aus dem Pachtvertrag nicht mehr erfüllt. Der zum 30.09.2009 auslaufende Pachtvertrag sei in Bezug auf die streitgegenständlichen Grundstücke bis 30.09.2015 verlängert worden. Im Zuge dessen sei der Beschwerdegegner auf Verpächterseite dem Vertrag beigetreten und damit Vertragspartner der Antragsteller 2 und 3 geworden.


Nach Ansicht des OLG Nürnberg ist auch die Beschwerde der Antragsteller 2 und 3 unbegründet. Der am 30.09.2004 geschlossene befriste Pachtvertrag zwischen ihnen und dem Antragsgegner habe gemäß § 594 Satz 1 BGB mit Ablauf des 30.09.2015 geendet.


Die Richter führten zunächst aus, dass der Verlängerung des Pachtvertrags bis zum 30.09.2015 nicht entgegensteht, dass die Annahme des Verlängerungsangebots durch die Antragsteller 2 und 3 mit Schreiben vom 20.04.2009 dem Dr. B. erst nach Ablauf der bis 20.04.2009 gesetzten Annahmefrist zugegangen ist. Gemäß § 150 Abs. 1 BGB habe die verspätete Annahme als neuer Antrag gegolten. Das Angebot vom 26.03.2009 wurde aber in der „Vereinbarung über den Bau einer Beregnungsleitung“ vom 05.09.2009 bestätigt, in dem die Hofpacht in dem bisherigen Umfang weiter bis 30.09.2010 laufen sollte. Damit wurde nach Ansicht der Richter die Maßgeblichkeit und damit Verbindlichkeit des Inhalts des Angebotsschreibens vom 26.03.2009 von allen Beteiligten unterstellt.


Das OLG Nürnberg stellte weiterhin fest, dass der Pachtvertrag durch die „Vereinbarung über den Bau einer Beregnungsleitung“ vom 05.09.2009 bis zum 30.09.2015 verlängert wurde. Das in § 585a BGB enthaltene Schriftformerfordernis eines Landpachtvertrags stehe der Wirksamkeit der Laufzeitbeschränkung für einen längeren Zeitraum als zwei Jahre dabei nicht entgegen. In Rahmen einer Verlängerungsvereinbarung sei die Schriftform trotz fehlender Angaben zur verpachteten Fläche und zum Pachtpreis gewahrt, wenn sie auf einen hinreichend bestimmten Pachtvertrag Bezug nehme. So könne sich der Gesamtinhalt einer pachtvertraglichen Vereinbarung auch erst aus dem Zusammenspiel „verstreuter Bedingungen“ ergeben. Es genüge für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung. Die Zusammengehörigkeit der Schriftstücke müsse in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht werden. Einer körperlichen Verbindung bedürfe es dazu nicht. Nicht erforderlich sei zudem, dass die in Bezug genommenen Urkunden selbst alle Schriftformvoraussetzungen erfüllen.


Von diesen Überlegungen ausgehend sahen die Richter bei der „Vereinbarung über den Bau einer Beregnungsleitung“ das Schriftformerfordernis des § 585a BGB als erfüllt an. Denn in dieser werde eindeutig auf die „Verlängerung des Pachtvertrags vom 26.03.2009“ Bezug genommen. In dem damit als Ausgangspunkt für die vereinbarte weitere Verlängerung für maßgeblich erklärten Angebotsschreiben vom 26.03.2009 werde wiederum eindeutig auf den Pachtvertrag vom 30.09.2004 Bezug genommen.

In der Folge seien bezogen auf konkrete Punkte des Pachtvertrags vom 30.09.2004 Änderungen formuliert worden, wie insbesondere die Herausnahme eines Grundstücks aus dem Vertragsgegenstand. Auch wenn es sich um eine gestufte Bezugnahme handele, seien die Verweisungen eindeutig. Es werde eine gedankliche Einheit der Schriftstücke vom 30.09.2004, vom 26.03.2009 und vom 05.09.2009 begründet.


Das OLG Nürnberg wies darauf hin, dass sich die Vertragsverlängerung nicht nur auf die Hof- und Betriebsflächen im engeren Sinn, d. h. auf die Flurstücke 25, 26, 27 und 29 bezog. Die Verwendung des Begriffes „Hofpacht“ in der maßgeblichen Textpassage schließe eine Einbeziehung der reinen Landwirtschaftsflächen nicht aus. Die Richter erinnerten, dass auch formbedürftige Vertragsklausen der Auslegung zugänglich sind. Insofern sei zu berücksichtigen, dass als „Hofpacht“ regelmäßig die Pacht eines gesamten landwirtschaftlichen Betriebs bezeichnet werde. Der Pächter übernehme den Boden und die Gebäude eines Betriebs. Aus diesem Grund richtete sich ein Hofpachtvertrag auf die Pacht eines gesamten Betriebs nebst Flächen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in dem Satz mit der „Hofpacht“ auf die „Verlängerung des Pachtvertrags vom 26.03.2009“ und damit das Angebotsschreiben von diesem Tag verwiesen wird. Dieses Schreiben unterscheide aber nicht zwischen Hof- und Betriebsflächen einerseits und landwirtschaftlichen Acker- bzw. Feldflächen anderseits.


Für die Entscheidung über die beantragte Vertragsfortsetzung ging das OLG Nürnberg davon aus, dass das laufende Pachtverhältnis erst am 01.10.2004 begonnen habe. In diesem Fall könne eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses gemäß § 595 Abs. 6 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 BGB grundsätzlich bis zum 30.09.2022 angeordnet werden. Die konkreten Umstände des Einzelfalls rechtfertigten allerdings keine Verlängerung, die über den 15.03.2019 hinausgehe.


Für die Frage, ob einem Pächter Pachtschutz gewährt werden könne, komme es nach Ansicht der Richter allein auf die tatsächliche und nicht auf die zuletzt vereinbarte Pachtzeit an. Durch die zeitliche Begrenzung auf eine Frist solle eine allzu lange Bindung der Vertragsteile aneinander vermieden und auch einer Erstarrung des Pachtmarkts entgegengewirkt werden. Dafür mache es keinen Unterschied, ob die Höchstfristen des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB durch eine einmalige oder durch aufeinanderfolgende mehrfache Vereinbarungen erreicht werden. Unerheblich sei auch, dass es im Vertragsverhältnis Änderungen in Bezug auf ein Grundstück gegeben habe, ein neues (Teil-)Kündigungsrecht begründet wurde und der Antragsgegner dem Vertrag beigetreten sei. Das OLG Nürnberg legt den Verträgen ein für die Anwendung des § 595 BGB notwendiges einheitliches Pachtverhältnis zugrunde. Ziel der Bestimmung sei die Erhaltung des Pachtverhältnisses im Interesse eines Sozialschutzes des Pächters. Das bestehende Pachtverhältnis solle ggf. unter Änderungen der Bedingungen in seinem bisherigen Umfang fortgesetzt werden. Es solle dagegen nicht auf nicht oder nicht mehr vertragsgegenständliche Objekte aus sozialen Gründen ausgeweitet werden.


Die Richter führten weiter aus, dass der Anspruch auf Pachtverlängerung und dementsprechend die Möglichkeit des Gerichts, eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses anzuordnen, durch § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB eingeschränkt wird. Staatliche Eingriffe dürfen landwirtschaftliche Grundstücke bzw. Betriebe nur im zeitlich beschränkten Umfang dem Pachtmarkt vorenthalten. Änderungen des Pachtzinses wirkten sich nicht aus. Auch mit dem Beitritt des Antragsgegner sei kein von dem bisherigen Vertrag unabhängiges neues Pachtverhältnis begründet worden. Der Vertragsbeitritt habe vielmehr die Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Rechtsgeschäft zur Folge gehabt. Insofern sei es zu keiner im Rahmen von § 595 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 BGB relevanten Zäsur gekommen.


Nach Auffassung des OLG Nürnberg kommt eine gerichtlich angeordnete Fortsetzung des Pachtvertrags gemäß § 595 Abs. 6 Satz 1 BGB über den 15.03.2019 hinaus nicht in Betracht. Aus dem Verweis in § 595 Abs. 6 Satz 2 BGB auf den Absatz 3 Nr. 3 folge nicht, dass eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses zwingend bis zum Ende der dort genannten Höchstfristen erfolgen muss. Vielmehr sei das Landwirtschaftsgericht in der Bestimmung der weiteren Vertragsdauer frei. Wie sich aus § 595 Abs. 6 Satz 1 BGB ergebe, ist die weitere Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses auch hinsichtlich der Vertragsdauer Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung. Das Gericht dürfe nur eine Verlängerung der Pacht anordnen, die dem Inhalt des Verlängerungsanspruchs des Pächters entspricht. Hintergrund sei, dass der Pächter ausschließlich verlangen könne, dass das Pachtverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist, § 595 Abs. 2 Satz 1 BGB. Angemessen sei eine Vertragsverlängerung nur insoweit, wie es die Härte für den Pächter oder seine Familie erfordere und der Dauer nicht berechtigte Verpächterinteressen entgegenstehen. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Interessen Dritter, wie beispielsweise von Arbeitnehmern, der Allgemeinheit bzw. Öffentlichkeit oder des Staates unerheblich seien und außer Betracht bleiben müssen. Diese stünden in keinem Zusammenhang mit dem von § 595 BGB beabsichtigten sozialpolitisch motivierten Schutz der Existenzgrundlage landwirtschaftlicher Betriebe. Erforderlich sei eine Abwägung zwischen den Härtegründen auf Seiten des Pächters und dem Beendigungsinteresse des Verpächters. Dabei trage der Pächter die Beweislast für die den Fortsetzungsanspruch begründenden Voraussetzungen.


Das OLG Nürnberg stellte fest, dass das Auslaufen des Pachtvertrags zum 30.09.2015 keine unzumutbare Härte für die Antragsteller 2 und 3 und ihre Familien im Sinne von § 595 Abs. 1 BGB darstelle. Selbst bei Vorliegen einer unzumutbaren Härte rechtfertige die jedoch keine über 15.03.2019 hinausgehende Vertragsfortsetzung.


Sofern die Antragsteller auf den Umfang der von ihnen getätigten Investitionen zum Erhalt und zur Ausstattung der Pachtsache, insbesondere auch im Hinblick auf die Saatzucht, verweisen, sei dies nach Auffassung der Richter nicht geeignet, eine unzumutbare Härte zu begründen.
Richtig sei zwar, dass die zeitlichen Obergrenzen in § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB an der Möglichkeit zur Ausnutzung von Investitionen ausgerichtet seien und sich der Gesetzgeber bei der Festsetzung der Höchstfristen davon leiten ließ, wann sich Investitionen in Pachtsachen regelmäßig amortisieren. Daraus folge aber keineswegs, dass Investitionen des Pächters in das Pachtobjekt ein gesondertes Argument für einen Pachtschutz gemäß § 595 BGB seien. Diese rechtfertigen einen Pachtschutz gemäß § 595 BGB vielmehr schon deshalb nicht, weil sie einem besonderen Interessenausgleich nach § 591 BGB unterliegen, der ebenfalls zu einer Verlängerung des Pachtverhältnisses führen könne.


Im Übrigen enthalte die Vereinbarung vom 05.09.2009 zumindest eine Regelung betreffend den Ausgleich der Investitionen der Pächter in die Beregnungsleitung für den Fall, dass das Pachtverhältnis nicht über 30.09.2015 fortgeführt wird.


Das OLG Nürnberg war der Ansicht, dass sich der Betriebspächter auf die von ihm akzeptierte Vertragszeit grundsätzlich einrichten müsse. Diese Wertung werde von § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB getragen, wonach eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht verlangt werden könne, wenn die dort genannten Höchstfristen erreicht sind. Es könne und dürfe dem Pächter nicht abgenommen werden, sich auf die vereinbarte Vertragsdauer einstellen zu müssen. Seine Investitionen müsse er an der vereinbarten Vertragsdauer ausrichten. Nur wenn trotz aller Voraussicht und Planung Umstände eintreten, die eine vertragsgemäße Beendigung als unvertretbar hart erscheinen lassen, könne etwas anderes gelten. Im vom OLG Nürnberg entschiedenen Sachverhalt sei für die Richter jedoch nicht erkennbar gewesen, dass sich die Antragsteller auf die Vertragsdauer eingerichtet haben. Vielmehr hätten sie im Ergebnis ohne Rücksicht auf das Ende der Pachtzeit weitergewirtschaftet und auf eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses schlicht spekuliert. So haben sie noch im Jahr 2011 und auch danach mit Neuzüchtungen begonnen.


Soweit die Antragsteller die unzumutbare Härte der Beendigung des Pachtvertrags aus deren existenzvernichtenden Wirkung ableiten, hilft ihnen dies nach Ansicht des OLG Nürnberg ebenfalls nicht weiter. Die Verlängerung eines Vertrags gegen den Willen des Verpächters stelle einen starken Eingriff in die Vertragsfreiheit und ggf. in seine Eigentumsfreiheit gemäß Artikel 14 GG dar. Aus diesem Grund seien an die Vertragsfortsetzung aus Gründen sozialer Sicherung hohe Anforderungen zu stellen. Eine Härte trete durch den Betriebs- oder Grundstücksverlust nur ein, wenn dieser für den Pächter größere Nachteile mit sich bringe, als sie mit der Aufgabe des Pachtobjekts üblicherweise verbunden seien. Eine unangemessene Härte könne dabei nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Betrieb die wesentliche Lebensgrundlage der Pächterfamilie bilde oder sie auf das Grundstück zur Aufrechterhaltung des Betriebs angewiesen sei. Denn dies stelle bereits eine andere, hiervon zu unterscheidende Tatbestandsvoraussetzung des § 595 Abs. 1 BGB dar. Dass der Pachtvertrag auf Gegenstände gerichtet sei, welche die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Pächters und seiner Familie darstellten, bildet lediglich die Grundlage der darüber hinaus anzustellenden Interessenabwägung.


Ausgehend davon ließ sich für die Richter im vorliegenden Fall eine unzumutbare Härte für die Antragsteller 2 und 3 allenfalls unter dem Aspekt einer besonders ungünstigen bzw. nachteiligen Zeitpunkts der Vertragsbeendigung zum 30.09.2015 ableiten. Insofern sei jedoch zu berücksichtigen, dass nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller selbst eine Verlängerung des Pachtverhältnisses unter Ausschöpfung der Höchstfrist gemäß dem § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB, also bis zum 30.09.2022 diesem Interesse nicht gerecht werden würde. So führen sie aus, dass mindestens ein Zeitraum bis 2023 erforderlich sei, um ggf. geeignete Ersatzflächen in Bayern finden und den Betrieb vollständig umsiedeln zu können.
Im Übrigen sehen es die Richter nicht als erwiesen an, dass überhaupt die Möglichkeit für eine Betriebsverlagerung besteht. So solle es laut den Antragstellern „schlichtweg keine Ersatzflächen“ geben. Regelmäßige Bemühungen, solche zu finden, seien bislang erfolglos geblieben. Ein Grundstücksmarkt in Bayern, der den Erwerb oder die Anpachtung von Ersatzflächen insbesondere einen Saatzuchtbetrieb ermöglichen würde, existiere laut den Antragstellern nicht. Ersatzflächen an einem anderen Standort sollen bereits aufgrund klimatischer Unterschiede nicht in Frage kommen.

Bereits aus dem Eigentum des Beschwerdegegners mit allen sich daraus ergebenden schutzwürdigen Gesichtspunkten (Art. 14 GG) sowie Rechten (§§ 903 ff. BGB) folge ein berechtigtes Interesse an der vertragsgemäßen Beendigung des Pachtverhältnisses. Selbst wenn kein vorrangiges Verpächterinteresse bestehe, müsse der Pächter seinerseits besondere Umstände geltend machen, die eine Abweichung vom Grundsatz der Vertragsbeendigung – also einen Fortsetzungsanspruch – begründen. Ein Interesse an einer Fortsetzung des Pachtverhältnisses, das über die Höchstfrist des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB hinausgehe, also durch die bestehenden Möglichkeiten zur Verlängerung nicht befriedigt werden kann, ist hierfür nach Auffassung des OLG Nürnberg nicht geeignet. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als dem allgemeinen Interesse des Eigentümers unter Berücksichtigung der in § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB normierten Obergrenze von 18 Jahren gesteigerte Bedeutung zukomme.


Demgemäß sei eine unzumutbare Härte allenfalls für die Zeit anzunehmen, die für die Abwicklung des Betriebsstandorts notwendig sei. Anhaltspunkte, die es erforderlich machen könnten, den Antragstellern 2 und 3 hierfür einen Zeitraum nach Ende der Pachtzeit zum 30.09.2015 zuzugestehen, der über rund dreieinhalb Jahre hinausgeht, seien nicht ersichtlich.


Beschlussanmerkungen

von Rechtsanwältin Constanze Nehls, Fachanwältin für Agrarrecht, Fachanwältin für Arbeitsrecht, BTR Rechtsanwälte


Die Antragsteller haben gegen die Entscheidung des OLG Nürnberg Verfassungsbeschwerde vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde am 07.07.2020 unter dem Az.: Vf.68-VI-19 abgewiesen und damit die Entscheidung des OLG Nürnberg bestätigt. Hierbei ist anzumerken, dass sich die Verfassungsrichter nicht mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob die Voraussetzungen der Vertragsfortsetzung bestanden oder nicht. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte die Entscheidung des OLG Nürnberg nur auf Verfahrensfehler und damit verbundene Grundrechtsverletzungen der Antragssteller zu untersuchen.


Im Zusammenhang mit der vom Pächter nach § 595 Abs. 1 BGB beantragten Vertragsfortsetzung ist auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 11.07.2019, Az.: 101 W 4/19 zu verweisen. Die Stuttgarter Richter urteilten ebenfalls, dass die Höchstfristen nicht ausdrücklich als Vertragslaufzeit vereinbart worden sein müssen, sondern sich auch daraus ergeben können, dass ein unbefristeter Landpachtvertrag bereits tatsächlich die Höchstfristen überschritten hat oder dass ein befristeter Vertrag so lange mehrfach verlängert worden ist, dass die Höchstfristen erreicht sind. Es komme allein auf die tatsächliche Pachtdauer an, die vertraglich vereinbarte Pachtzeit sei dagegen unerheblich. Bei der Bestimmung der Höchstfristen führen eine Pachterhöhung oder sonstige geringfügige inhaltliche Anpassung eines bestehenden Landpachtvertrages nicht automatisch dazu, dass ein neuer Pachtvertrag mit neuen Höchstfristen im Sinne des § 595 Abs. 3 Nr. 3 BGB vorliege. Dies solle auch gelten, wenn der Pächter eine (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit wechselndem, aber im Kern gleichen Gesellschafterbestand ist.


Auch diese Entscheidung zeigt, dass die Rechtsprechung den Eingriff in die Vertragsautonomie durch eine Fortsetzungsanordnung restriktiv handhabt. Grundsätzlich sind die miteinander vertraglichen Laufzeiten zu beachten. An Ausnahmen sind hohe Hürden zu stellen.