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Aktuelle Rechtsprechung im Landpachtrecht


veröffentlicht am: 12. März 2021

Kaum ein Wirtschaftsbereich ist mit so vielen Unwägbarkeiten konfrontiert wie die Landwirtschaft. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union hält u. a. im Bereich der Agrarförderungen immer wieder Veränderungen bereit. Die Landwirte müssen ihre Betriebe an die sich verändernden Förderbedingungen anpassen – auch wenn bisher nicht einmal feststeht, wie die GAP nach 2020 aussehen wird. Bewirtschaftung, Düngung, Pflanzenschutzmittel – was heute noch erlaubt ist, kann morgen schon stark reglementiert oder verboten sein. Klimaveränderungen, Wetterkapriolen und sich überwiegend nachteilig entwickelnde Absatzmärkte für Agrarprodukte belasten die landwirtschaftliche Urproduktion zusätzlich. Eine wachsende Skepsis der Bevölkerung gegen bestimmte Formen der Landwirtschaft ist ebenfalls zu beobachten.


Trotz oder gerade wegen der ungewissen Entwicklungen in der Zukunft ist die Sicherung des Produktionsmittels Boden besonders wichtig. Zwischen den Jahren 2009 und 2018 haben sich die für landwirtschaftliche Nutzflächen gezahlten Durchschnittspreise um das 2,3-Fache erhöht.1 Die Pacht landwirtschaftlich genutzter Flächen hat daher eine hohe Bedeutung. Dies zeigt sich bereits darin, dass im Jahr 2016 fast zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche gepachtet waren.2


Für die Sicherung von Pachtflächen ist es nicht nur wichtig, die gesetzlichen Regelungen für den Abschluss, die Durchführung und die Beendigung des Landpachtvertrags zu kennen und umzusetzen. Oft erfahren die gesetzlichen Regelungen erst durch die Rechtsprechung eine inhaltliche Ausgestaltung. Aus diesem Grund ist ebenso entscheidend, die ergangenen Urteile oder Beschlüsse zum Landpachtrecht zu beachten und für die Zukunft im eigenen Betrieb umzusetzen. Der nachfolgende Artikel befasst sich daher mit der seit Juni 2018 ergangenen Rechtsprechung auf diesem Gebiet.


I. Der Abschluss des Landpachtvertrags

1.
Der Abschluss des Landpachtvertrags stellt für die künftige Vertragsbeziehung wichtige Weichen. So wäre es für einen Landwirtschaftsbetrieb fatal, wenn ein von ihm für rechtswirksam erachteter Landpachtvertrag von Anfang an unwirksam ist. Dann hätte er kein Recht zum Besitz und zur Bewirtschaftung der Flächen, sondern müsste diese sofort an den Eigentümer herausgeben.


Das OLG Celle hatte in seinem Urteil vom 11.06.20183 , über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem die Gefahr einer anfänglichen Nichtigkeit bestand. Gegenstand des Verfahrens war ein 30-jähriger privatschriftlicher Landpachtvertrag, der dem Pächter zusätzlich das Vorkaufsrecht an den Pachtflächen einräumte. Viele Jahre später reute der Verpächter den Vertragsschluss und er verlangte im Jahr 2016 vom Pächter die Herausgabe der Pachtflächen. Er strebte wegen der neu eingeführten Agrarförderprämien eine bessere wirtschaftliche Verwertung der Pachtflächen an. Sein Herausgabeverlangen stützte der Verpächter u. a. auf die anfängliche Unwirksamkeit des Landpachtvertrags. Nach seiner Auffassung hätte die Einräumung des Vorkaufsrechts an den Pachtflächen gemäß § 311b Abs. 1 BGB beurkundet werden müssen. Da dies nicht beachtet wurde, seien das vereinbarte Vorkaufsrecht wegen Formmangels nach § 125 BGB und der gesamte Landpachtvertrag nach § 139 BGB von Anfang an nichtig.


Das OLG Celle gab dem Verpächter insoweit Recht, dass das vereinbarte Vorkaufsrecht mangels Beurkundung keine Wirkung entfaltete. Es wies jedoch darauf hin, dass § 139 BGB nur eine Vermutung enthalte. Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist nach dieser Norm das ganze Rechtsgeschäft nur nichtig, wenn es ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre. § 139 BGB bedeutet damit eine Umkehr der Beweislast. Um die Wirksamkeit des Landpachtvertrags zu retten, hätte der Pächter beweisen müssen, dass er den Landpachtvertrag auch ohne das Vorkaufsrecht abgeschlossen hätte. In dem vom OLG Celle entschiedenen Sachverhalt kam es auf diese Beweisführung jedoch nicht an. Nach Ansicht der Richter könne es nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, sich mit Berufung auf § 139 BGB seiner Vertragspflichten zu entziehen. Dies sei der Fall, wenn lediglich eine einzelne abtrennbare Regelung unwirksam ist, die ausschließlich den anderen Vertragspartner begünstigt und dieser unbeschadet des Fortfalls jener Regelung am Vertrag festhalten will. Bei dem Vorkaufsrecht handelte es sich um eine solche abtrennbare nichtige Vertragsregelung, die ausschließlich den Pächter begünstigte. Dieser wollte ausweislich seines Vortrags im gerichtlichen Verfahren auch ohne Vorkaufsrecht am Landpachtvertrag festhalten. Aus diesem Grund entschied das OLG Celle, dass sich der Verpächter nicht auf § 139 BGB berufen könne. Der Verpächter konnte die Herausgabe der Flächen wegen einer anfänglichen Unwirksamkeit nicht verlangen.


2.
Die Landwirte haben allerdings nicht nur ein Interesse daran, überhaupt einen wirksamen Vertrag zu schließen. Für sie ist es ebenso wichtig, die Pachtflächen für die im Vertrag vereinbarte Laufzeit fest zu sichern. Damit dies gelingt, müssen Landpachtverträge mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren nach §§ 585a, 126 BGB schriftlich geschlossen werden. Hält der Landpachtvertrag die Schriftform nicht ein, ist er trotzdem wirksam. Rechtsfolge ist allerdings, dass der Vertrag nur für unbestimmte Zeit gilt. Jeder Vertragsteil kann das Pachtverhältnis dann nach § 594a Abs. 1 BGB spätestens am dritten Werktag eines Pachtjahrs für den Schluss des nächsten Pachtjahrs kündigen.


Nach ständiger Rechtsprechung4 ist die Schriftform nur dann gewahrt, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen wie die Vertragsparteien, die Pachtfläche, die Pachtzeit und die Höhe der Pacht aus dem Landpachtvertrag ergeben.


Das OLG Celle bestätigt in seinem Urteil vom 18.09.20195, dass sich für einen Dritten aus der Vertragsurkunde ergeben müsse, welche Flächen Pachtgegenstand sind. Diese wesentliche Vertragsbedingung müsse im Pachtvertrag zumindest hinreichend bestimmbar enthalten sein. Für die Bestimmbarkeit könne auch auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden. Es dürfe aber kein Zweifel an der vertraglichen Vereinbarung verbleiben.


Vor diesem Hintergrund sah das OLG Celle eine vertragliche Regelung, mit der von dem in der Gemarkung H. gelegenen Flurstück 19/2 der Flur 2, verpachtet wurden: „Ackerland 2,6000 ha“ als ausreichend schriftlich bestimmt an. Im Vertrag war die Gesamtfläche des Flurstücks mit 32.224 m² angegeben. Zudem war vereinbart, dass aus dem Flurstück 6.224 m² Wald nicht mitverpachtet sind. Nach Abschluss des Landpachtvertrags erfolgten Fortschreibungen des Liegenschaftskatasters, die die Gesamtfläche des Flurstücks 19/2 durchgängig mit 32.224 m2 angaben, sich jedoch jeweils bei der Aufteilung in Ackerland und Wald unterschieden. Der Verpächter kündigte den Landpachtvertrag sodann unter Berufung auf die fehlende Schriftform vorzeitig vor dem Ende der Befristung. Zur Begründung führte er aus, dass der Pachtvertrag den verpachteten Teil der Ackerfläche nicht erkennen lasse. Die im Vertrag aufgeführte Ackerfläche von 2,6 ha sei um 298 m2 geringer als die tatsächlich auf der Grundfläche vorhandene Ackerfläche.


Das OLG Celle hielt die Flächenangabe im Landpachtvertrag für ausreichend bestimmt und die Schriftform für gewahrt. Aus der Liegenschaftskarte sei ersichtlich, dass es sich bei der Pachtfläche um eine Ackerfläche mit einem darin liegenden Waldstück handele. Aus der Unterscheidung zwischen Wald und Ackerland in den vertraglichen Vereinbarungen folge deshalb unzweifelhaft, dass dem Pächter die gesamte Ackerfläche des Flurstücks 19/2 verpachtet wurde und damit die gesamte nicht von Wald bedeckte Fläche.


3.
Entscheidungen, die ausschließlich das Landpachtrecht betreffen, werden seltener veröffentlicht als solche aus dem allgemeinen Zivilrecht. Empfehlenswert ist daher, die Rechtsprechung in Rechtsgebieten im Blick zu haben, die mit dem Landpachtrecht Berührungspunkte haben. Das Miet- und Gewerbepachtrecht enthält in § 550 BGB beispielsweise eine mit § 585a BGB identische Schriftformregelung. Es ist daher zu erwarten, dass die zu § 550 BGB entwickelten Grundsätze auf den Landpachtvertrag ebenfalls Anwendung finden.


a)
Das LG Marburg hat sich in seinem Beschluss vom 25.03.20196 mit den Anforderungen an die Schriftform im Mietrecht auseinandergesetzt. In dem Fall ging es nicht die inhaltliche Ausgestaltung des maßgeblichen Vertrags sondern um die Form der Unterschriftsleistung.


Zur Wahrung der Schriftform ist es nach § 126 Abs. 2 BGB erforderlich, dass bei einem Vertrag die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen muss. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde im Original unterzeichnet.


Im Normalfall gibt es ein (Pacht-)Vertragsexemplar für den Verpächter und eines für den Pächter. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Schriftform aber bereits gewahrt, wenn der Verpächter nur das Exemplar für den Pächter unterschreibt und umgekehrt.


In dem vom LG Marburg entschiedenen Sachverhalt hatte der dortige Vermieter die Vertragsurkunde im Original unterzeichnet, eingescannt und an den Mieter per E-Mail übersandt. Der Mieter hat diesen per E-Mail übersandten unterzeichneten Mietvertrag ausgedruckt und ebenfalls unterzeichnet. Eine Rücksendung des vom Mieter unterzeichneten Originals an den Vermieter erfolgte nicht. Nach Auffassung des LG Marburgs war in diesem Fall die Schriftform dennoch gewahrt. Nach Auffassung der Richter sei der Zugang der Urkunden für das Schriftformerfordernis ebenso ohne Belang wie die Frage, wo sich die Urkunden befinden.


b)
Schließen die Parteien im Laufe des Vertragsverhältnisses Nachtragsvereinbarungen, unterliegen diese auch dem Schriftformerfordernis. Dies bedeutet, dass sich aus der Nachtragsvereinbarung grundsätzlich auch die wesentlichen Vertragsinhalte wie Vertragsparteien, Pachtfläche, Pachtzeit und Pachtzins ergeben müssen. Die Nachtragsvereinbarung muss ebenfalls unterschrieben werden.


Das OLG Köln hat sich in seinem Urteil vom 04.10.20197 , mit den Anforderungen an einen Nachtrag befasst. In dem Verfahren hatten die Parteien einen Pachtvertrag über eine Gaststätte schriftlich vereinbart und auch im Original unterschrieben. Unterhalb der Unterschriften hatten sie ein weiteres Pachtobjekt aufgenommen und den Pachtbeginn, die Pachtdauer sowie die Höhe der Pacht für dieses weitere Objekt festgeschrieben. Diese Ergänzungen wurden von den Parteien allerdings nicht mehr unterschrieben.


Nach Ansicht des OLG Köln erfüllte der Nachtrag nicht die Schriftform. Es weist darauf hin, dass Nachträge, die auf einer bereits unterschriebenen Vertragsurkunde unterhalb der Unterschriften angebracht werden und wegen der Regelung eines wesentlichen Punktes formbedürftig sind, zur Wahrung der Schriftform erneut von beiden Vertragsteilen unterzeichnet werden müssen. Es reiche nicht aus, dass sich die Parteien über den Inhalt dieses Nachtrages einig sind und ihn als durch die vorhandenen Unterschriften gedeckt ansehen.


Dieser Schriftformmangel im Nachtrag führt nach Ansicht des OLG Köln grundsätzlich dazu, dass der zunächst formgültig geschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr ebenfalls unter einem Schriftformmangel leide und auch als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt, d. h. vorzeitig kündbar ist. Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass der Bundesgerichtshof eine Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen habe, wenn der Nachtrag lediglich eine Verlängerung des Ursprungsvertrages beinhalte und dessen Inhalt im Übrigen unberührt lasse. Gleiches gelte, wenn neben dem alten Mieter ein weiterer neuer Mieter formlos einem bestehenden, schriftlich abgeschlossenen befristeten Mietvertrag beitrete. In dem vom OLG Köln entschiedenen Sachverhalt habe ein solcher Ausnahmefall jedoch nicht vorgelegen, so dass eine vorzeitige Kündbarkeit des Pachtvertrags wegen des Schriftformmangels gegeben war.


c)
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 26.02.20208 ebenfalls über die Wahrung der Schriftform in einer Nachtragsvereinbarung entschieden. Die Ausführungen sind auch auf einen Ursprungsvertrag übertragbar.


In dem entschiedenen Sachverhalt handelte es sich bei dem Mieter um eine GmbH, die durch zwei gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer vertreten wurde. Das Rubrum des Nachtrags wies auf diese Vertretungsregelung hin. Der Nachtrag sah für den Mieter zwei Unterschriftsfelder vor. Unter beiden Unterschriftsfeldern waren die Namen der Geschäftsführer maschinenschriftlich eingetragen.Der Nachtrag wurde mieterseits nur von einem der beiden Geschäftsführer auf dem für ihn vorgesehenen Unterschriftsfeld unterschrieben. Der Geschäftsführer setzte den Firmenstempel daneben. Das zweite Feld, welches für die Unterschrift des zweiten Geschäftsführers vorgesehen war, blieb leer. Zwischen den Parteien kam es letztlich zum Streit darüber, ob der Mietvertrag vorzeitig kündbar war, weil der Nachtrag nicht schriftlich geschlossen wurde.


Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass der Nachtrag die Schriftform nicht einhielt. Für ihn war letztlich der Eindruck, den der Nachtrag vermittelte, entscheidend. Wenn eines der zur gemeinschaftlichen Vertretung berufenen Organmitglieder der Gesellschaft den Vertrag unterzeichnet, sei die Schriftform nach Auffassung der Richter nur gewahrt, wenn auch die übrigen Organmitglieder unterzeichnen oder die Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Organmitglied auch diejenigen Organmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. Dies soll aber nur gelten, wenn die Vertragsurkunde den Eindruck vermittelt, dass die Unterschrift von einem Mitglied eines mehrgliedrigen Organs abgegeben wurde. Dies sei dann der Fall, wenn die Vertretungsregelung im Vertragsrubrum angegeben wird. Nur in diesem Fall erwecke die Urkunde den Anschein, als könnten die Unterschriften der übrigen Organmitglieder fehlen.


Anders soll – so der BGH – der Fall liegen, wenn der Unterzeichner der Urkunde nach deren Erscheinungsbild zum Abschluss des fraglichen Rechtsgeschäfts allein berechtigt ist und dies durch einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz kenntlich macht. Ein solcher Zusatz könne in der Verwendung des vom Geschäftsinhaber autorisierten Firmen- oder Betriebsstempels liegen. Das Hinzusetzen eines Stempels zu einer Unterschrift weise denjenigen, der die Unterschrift geleistet hat, als unterschriftsberechtigt für den Stempelaussteller aus. Der Geschäftsverkehr messe dem Firmen- oder Betriebsstempel eine Legitimationswirkung bei. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dokumentiert die Abgabe einer unterschriebenen und mit Stempelzusatz abgeschlossenen Erklärung mangels abweichenden Anscheins hinsichtlich dieses Geschäfts zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt zu sein und in diesem Sinne handeln zu wollen. Eine so in den Verkehr gegebene Erklärung werfe keinen Zweifel an ihrer Vollständigkeit auf und erfülle die Schriftform.


In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren waren diese Grundsätze allerdings nicht anwendbar. Die Richter führten aus, dass der Stempelzusatz weder dahingehend verstanden werden könne, dass der Unterzeichner mit der geleisteten Unterschrift hinsichtlich dieses Geschäfts zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt sei, noch dass er mit seiner Unterschrift zugleich den im Rubrum genannten weiteren gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer vertreten wollte. Durch den Stempelzusatz war die Urkunde nach ihrem äußeren Anschein nämlich nicht abgeschlossen. Die Richter wiesen in diesem Zusammenhang auf das leere zweite Unterschriftsfeld mit der maschinenschriftlichen Namensangabe des zweiten Geschäftsführers hin. Es habe auch keinen Hinweis – etwa in Form eines Vertretungszusatzes für den zweiten Geschäftsführer, einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die bereits geleistete Unterschrift oder einer Durchstreichung dieses Unterschriftsfelds – darauf gegeben, dass der Vertragsschluss mit der einen geleisteten Unterschrift für die Mieterseite bereits vollständig vollzogen sei. Ohne einen solchen Hinweis erwecke die Urkunde einen unvollständigen Eindruck, so dass ein möglicher Erwerber des Grundstücks nicht erkennen könne, ob alle erforderlichen Unterschriften geleistet worden sind oder nicht. Daher sei das Schriftformerfordernis nicht gewahrt und der gesamte Vertrag vor Ablauf der Befristung kündbar.


II. Die Durchführung des Vertragsverhältnisses

Auch wenn die Parteien den Landpachtvertrag seinerzeit wirksam, gerade auch schriftlich geschlossen und die Formerfordernisse auch bei Nachträgen eingehalten haben, gibt es Fallgestaltungen, in denen ein auf lange Zeit geplantes Vertragsverhältnis schneller endet als es einer Partei lieb ist.


1.
Das OLG Celle musste in seinem Urteil vom 18.03.20209 über einen Sachverhalt abseits der üblichen Fallgestaltungen entscheiden.


Der Verpächter hatte mit dem Pächter im Jahr 1980 einen Landpachtvertrag geschlossen und darin für diesen ein Vorpachtrecht vereinbart. Der Pächter bewirtschaftete die Flächen bis ins Jahr 2014. Ab dem Jahr 2015 bestand zwischen den Parteien kein Pachtvertrag mehr. Der Verpächter bot dem Pächter mehrfach den Abschluss von einjährigen Pachtverträgen an. Der Pächter nahm diese Angebote nicht an. Im Jahr 2016 kündigte der Verpächter gegenüber dem Pächter eine anderweitige Verpachtung der Flächen an, wenn sich der Pächter nicht melde. Tatsächlich verpachtete der Verpächter die Flächen im Jahr 2017 langfristig an Dritte. Im Hinblick auf das ihm eingeräumte Vorpachtrecht verlangte der Pächter vom Verpächter die Vorlage der Pachtverträge, um über die Ausübung seines Vorkaufsrechts entscheiden zu können.


Das OLG Celle hat das Ansinnen des Pächters abschlägig beschieden. Die Richter waren der Ansicht, das Vorpachtrecht des Pächters habe im Jahr 2017 nicht mehr bestanden. Sie begründeten ihre Entscheidung mit § 594b BGB. Nach dieser Norm kann ein Pachtvertrag, der für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen ist, nach 30 Jahren von jedem Vertragsteil spätestens am dritten Werktag eines Pachtjahrs für den Schluss des nächsten Pachtjahrs gekündigt werden.


Das OLG Celle wies zunächst darauf hin, dass Vorpachtrechte grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 594b BGB fallen. Hintergrund sei, dass mit der Einräumung des Vorpachtrechts noch keine Besitzübergabe verbunden sei. Erst durch die Ausübung des Vorpachtrechts komme es zum Abschluss eines Pachtvertrages. Dessen Vertragslaufzeit sei für § 594b BGB maßgeblich.


Nach Ansicht der Richter komme es jedoch stets auf den konkreten Einzelfall an, ob die Regelung des § 594b BGB auf Vorpachtrechte, die zu Pachtverträgen geführt haben, entsprechend Anwendung findet. Das OLG Celle wies in diesem Zusammenhang auf den Zweck des § 594b BGB hin. Vertragsparteien, die eine längere als 30jährige Besitzüberlassung wollen, sollen dies durch eine dingliche Veränderung herbeiführen. Zudem sollen die Parteien vor einer übermäßigen schuldrechtlichen Bindung geschützt werden. Es sei ihnen nicht möglich, die Entwicklung über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren vorherzusehen. Aus diesem Grund sehe § 594b BGB vor, dass sich die Parteien nach 30 Jahren vom Vertrag lösen können.


Dieser Schutzzweck gebiete es, dass § 594b BGB nicht nur für Landpachtverträge gelte, die ausdrücklich eine längere als 30jährige Laufzeit haben. Die Norm solle vielmehr auch für Pachtverhältnisse gelten, bei denen ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zwang zur Vertragsverlängerung oder zum Abschluss entsprechender Verträge besteht, sofern die Gesamtdauer der Verträge 30 Jahre überschreitet. Für Kettenverträge, für deren Abschluss kein Zwang bestand, gelte die Regelung des § 594b BGB dagegen nicht, auch wenn ihre Dauer in Gänze 30 Jahre übersteige.


Tatsächlich war der Verpächter im konkreten Fall wegen des im Jahr 1980 eingeräumten Vorpachtrechts letzthin verpflichtet, das Pachtverhältnis immer wieder mit dem Pächter fortzusetzen, entweder durch Verlängerung des Vertrages oder durch einen Neuabschluss.Aus diesem Grund hielten die Richter § 594b BGB für entsprechend anwendbar. Dies hatte zur Folge, dass die aufgrund des Vorpachtrechts eingegangene Bindung nach 30 Jahren von dem Verpächter beendet werden konnte. Die Aufkündigung der Bindung sah das OLG Celle konkludent in der Anfang des Jahres 2015 erfolgten Vorlage des Jahrespachtvertrags. Die Bindung lief somit in der gesetzlichen Frist zum Ende des Jahres 2016 aus.


2.
Über eine ebenfalls eher außergewöhnliche Fallgestaltung hatte das OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 11.07.201910 zu entscheiden. Gegenstand des Verfahrens war eine Betriebspacht. Auf diese finden die Vorschriften über den Landpachtvertrag ebenfalls Anwendung.


Der Pächter bewirtschaftete den Betrieb seit dem Jahr 1987. Im Laufe des Vertragsverhältnisses hatten die Parteien den Pachtvertrag zwar mehrfach geändert, aber nicht neu geschlossen. Der Verpächter kündigte den Betriebspachtvertrag sodann im Jahr 2016. Der Pächter begehrte die gerichtliche Anordnung der Fortsetzung des Landpachtvertrags. Er bezog sich auf § 595 Abs. 1 Ziffer 1 BGB, wonach der Pächter vom Verpächter die Fortsetzung des Pachtverhältnisses verlangen kann, wenn bei einem Betriebspachtverhältnis der Betrieb seine wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet.


Das OLG Stuttgart wies den Antrag des Pächters gemäß § 595 Abs. 3 Ziffer 3 BGB zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Pächter die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht verlangen könne, wenn die Laufzeit des Vertrags bei einem Pachtverhältnis über einen Betrieb auf mindestens 18 Jahre vereinbart ist. Die Frist von 18 Jahren müsse dabei nicht von vorneherein als Vertragslaufzeit vereinbart worden sein, sondern könne sich auch daraus ergeben, dass ein unbefristeter Pachtvertrag bereits tatsächlich die Maximalfrist überschritten hat oder dass ein befristeter Landpachtvertrag so lange mehrfach verlängert worden ist, dass die Maximalfrist erreicht ist. Nach Ansicht der Richter komme es nur auf die tatsächliche Pachtdauer an, die ursprünglich vertraglich vereinbarte Pachtzeit sei unerheblich. Zur Begründung führten sie aus, dass die Gewährung von Pachtschutz nicht von der zufälligen Art der Vertragsgestaltung abhängig sein soll, sondern allein von der tatsächlichen Dauer des Pachtverhältnisses. Gesetzgeberisches Ziel ist es, eine zu langfristige Bindung der Vertragsteile zu vermeiden, um so auch einer Erstarrung des Pachtmarktes entgegenzuwirken. Da die Maximalfrist von 18 Jahren durch die zahlreichen Vertragsverlängerungen erreicht sei, sah das OLG Stuttgart den Versagungsgrund als erfüllt an.


3.
Zur Frage, wann ein Pachtvertrag wegen einer unerlaubten Nutzungsunterlassung (nicht mehr) außerordentlich kündbar ist, hat das OLG Celle in seinem bereits erwähnten Urteil vom 11.06.201811, entschieden.


Pächter war zunächst ein Verein. Im Laufe des Vertragsverhältnisses gründete dieser eine Stiftung. Der Pächter überließ ihr die Pachtflächen, ohne beim Verpächter hierfür vorher eine Zustimmung einzuholen oder dies auch nur nachträglich bei ihm anzuzeigen. Im weiteren Verlauf schlossen der Verpächter und die Stiftung einen Nachtrag zum Pachtvertrag, in dem die Stiftung als Rechtsnachfolger des Pächters bezeichnet wurde. Nach fünf Jahren kündigte der Verpächter das Pachtverhältnis außerordentlich fristlos, weil der Pächter die Pachtflächen der Stiftung ohne Genehmigung des Verpächters zur Nutzung überlassen habe.


Das OLG Celle hielt die Kündigung für unwirksam. Es wies zunächst darauf hin, dass der Pächter gemäß § 589 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht berechtigt sei, die Pachtsache einem Dritten ohne Erlaubnis des Verpächters zur Nutzung zu überlassen. Wenn der Pächter hiergegen verstoße und den Verstoß nach Abmahnung nicht einstelle, sei der Verpächter gemäß §§ 594e, 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB aus wichtigem Grund zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Die Richter sahen diesen Tatbestand als erfüllt an.
Sie hielten die außerordentliche Kündigung jedoch für unwirksam, weil das Kündigungsrecht des Verpächters bei Ausspruch der Kündigung schon verwirkt war. Nach Auffassung der Richter trete die Verwirkung in diesen Fällen regelmäßig dann ein, wenn der Verpächter Kenntnis von dem außerordentlichen Kündigungsgrund erlangt hat, ohne dies zum Anlass für den unverzüglichen Ausspruch der fristlosen Kündigung zu nehmen. Lasse der Verpächter drei Monate oder mehr Zeit verstreichen, bevor er die Kündigung ausspricht, sei das Kündigungsrecht in der Regel verwirkt. Maßgeblich sei in dem Verfahren daher, ob der Verpächter das Kündigungsrecht innerhalb angemessener Frist ausgeübt hat, wobei die angemessene Frist erst ab Kenntnis des Verpächters von dem Kündigungsgrund zu laufen beginne. Im vorliegenden Verfahren musste sich der Verpächter auf den von ihm mit der Stiftung als Pächterin geschlossenen Nachtrag zum Pachtvertrag verweisen lassen. Dieser Nachtrag war fünf Jahre vor Ausspruch der Kündigung geschlossen worden. Damit sei die vom OLG Celle angesetzte Handlungsfrist von drei Monaten weit überschritten worden und Verwirkung eingetreten.


III. Das Ende des Vertragsverhältnisses

Auch das Ende des Landpachtvertrags bietet viel Konfliktpotential. Die Nachlese des Vertragsverhältnisses findet regelmäßig in der Geltendmachung von Ersatzansprüchen statt, wenn das Vertragsverhältnis durch Zeitablauf oder Kündigung beendet ist.


1.
Nach der GAP-Reform ist vor der GAP-Reform. Der Bundesgerichtshof hat jedoch erst jüngst klargestellt12 , wie ab dem Jahr 2015 mit den untergegangenen und neu zugeteilten Zahlungsansprüchen zu verfahren war. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Pächter landwirtschaftliche Grundstücke im Zeitraum 01.10.2007 bis 31.12.2016 gepachtet. Mitverpachtet wurden Zahlungsansprüche, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 Voraussetzung für den Bezug von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft waren. Das Pachtverhältnis über die Zahlungsansprüche sollte mit dem Pachtverhältnis über die Flächen enden. Zudem beinhaltete der Pachtzins für die Flächenpacht auch den Pachtzins für die Zahlungsansprüche. Durch die Neuregelung des Direktzahlungssystems verloren die verpachteten Zahlungsansprüche nach dem 31.12.2014 ihre Gültigkeit. Der Pächter erhielt auf seinen Antrag nach der neuen Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 auf der Grundlage der von ihm gepachteten Flächen neue Zahlungsansprüche zugewiesen. Er gab die gepachteten Grundstücke nach dem Ende der Pachtzeit an den Verpächter heraus. Allerdings verweigerte er die Übertragung der neu zugewiesenen Zahlungsansprüche. Er verwies darauf, dass sich seine Übertragungspflicht auf die untergegangenen Zahlungsansprüche bezogen habe. Der Verpächter machte die Übertragung der neu zugeteilten Zahlungsansprüche gerichtlich geltend.


Der Bundesgerichtshof stellte sich in seiner Entscheidung auf die Seite des Verpächters. Waren in einem Landpachtvertrag Zahlungsansprüche nach Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit verpachtet und entfiel deren Gültigkeit während der Pachtdauer aufgrund der Regelung des Art. 21 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013, könne sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben, dass der Pächter die ihm wegen der Bewirtschaftung der Pachtfläche auf seinen Antrag gemäß Art. 21 Abs.1, Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 neu zugewiesenen Zahlungsansprüche nach Beendigung des Pachtverhältnisses auf den Verpächter zu übertragen hat. Die Richter wiesen darauf hin, dass Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung sei, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke, d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit, aufweise. Das sei dann der Fall, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder ihn bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausgestellt habe. Dabei könne von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lasse, die erforderlich sei, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, also wenn ohne Vervollständigung des Vertrags keine angemessene, interessengerechte Lösung zu erzielen sei. Zu dem von ihm entschiedenen Sachverhalt waren die Richter der Ansicht, dass die vertragliche Vereinbarung über die Rückgewähr der verpachteten Zahlungsansprüche von den Parteien unbemerkt lückenhaft war. Die Parteien seien bei Abschluss des Vertrags davon ausgegangen, dass die verpachteten Zahlungsansprüche ihre Gültigkeit behalten würden und der Pächter bei Pachtende zu deren Rückübertragung verpflichtet und in der Lage sein würde. Die Parteien hätten keine Regelung für den Fall getroffen, dass die verpachteten Zahlungsansprüche wegfallen und dem Pächter wegen der Bewirtschaftung der Flächen neue Zahlungsansprüche zugewiesen werden.


Bei Schließung der vertraglichen Lücke ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei sei zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, d. h. an die in dem Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen.


Die Richter gingen davon aus, dass die Parteien bei Kenntnis der Lückenhaftigkeit des Vertrages vereinbart hätten, dass der Pächter bei Wegfall der verpachteten Zahlungsansprüche verpflichtet ist, die ihm neu zugeteilten Zahlungsansprüche bei Pachtende an den Verpächter herauszugeben. Hintergrund sei insbesondere, dass dem Pächter neben den Flächen auch die der Hektarzahl entsprechende Menge an Zahlungsansprüchen verpachtet wurde, die ihm nach Art. 33 Abs. 1, Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 270) gemäß Art. 43 der Verordnung zugewiesen worden waren. Die vertraglich vereinbarte Rückübertragungsverpflichtung war auf das berechtigte Interesse der Verpächter ausgerichtet, nach Pachtende eine Fortsetzung der Bewirtschaftung der Pachtsache sicherzustellen. Dies sollte dadurch geschehen, dass der Verpächter die Zahlungsansprüche bei eigener Bewirtschaftung der Flächen selbst nutzen oder auf neue Nutzer übertragen kann. Anderenfalls seien für ihn wirtschaftliche Einbußen zu besorgen. Wenn die Parteien beim Vertragsschluss bedacht hätten, dass die verpachteten Zahlungsansprüche durch eine Rechtsänderung wegfallen und dem Pächter neue Zahlungsansprüche zugewiesen werden, wäre ihnen bewusst gewesen, dass der wirtschaftliche Sinn des Pachtvertrages durch die vertraglich festgeschriebene Rückübertragung nicht zu erreichen war. Als redliche Vertragspartner hätten die Parteien vereinbart, dass der Pächter zur Übertragung der neu erworbenen Zahlungsansprüche an den Verächter oder eine von diesen bestimmte Person verpflichtet ist.


2.
Nicht immer gibt der Pächter die Pachtflächen dann zurück, wenn der Verpächter es verlangt. Das Amtsgericht Westerstede13 hatte über die Folgen einer verspäteten Rückgabe der Flächen nach Pachtende zu entscheiden.


Die Parteien waren durch einen bis ursprünglich zum Jahr 2020 geschlossenen Landpachtvertrag miteinander verbunden. Sodann kündigte der Verpächter den Vertrag vorzeitig zum 31.03.2015. Der Pächter wehrte sich gerichtlich gegen die Kündigung. Im November 2015 verurteilte das Landwirtschaftsgericht den Pächter jedoch zur Herausgabe der Flächen, welcher Verpflichtung der Pächter erst Anfang 2016 nachkam. Der Verpächter hatte die streitgegenständlichen Flächen allerdings bereits mit Antrag vom 15.05.2015 für sich zur Agrarförderung angemeldet. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen lehnte diesen Antrag ab und verhängte mehrjährige Sanktionen gegen den Verpächter. Der Verpächter machte diese finanziellen Nachteile im Wege des Schadensersatzes gegen den Pächter geltend.


Das Amtsgericht Westerstede gab dem Verpächter weitestgehend recht und verurteilte den Pächter zum Schadensersatz in Höhe der für das Jahr 2015 entgangenen Agrarförderung. Der Ersatzanspruch ergebe sich aus §§ 280, 286 BGB. Gibt der Pächter die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht zurück, könne der Verpächter nach § 597 S. 1 BGB für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Pacht verlangen. Nach § 597 S. 2 BGB sei die Geltendmachung eines weiteren Schadens zudem nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht der Richter muss der Pächter dem Verpächter gemäß § 286 BGB den Schaden ersetzen, der ihm durch die Vorenthaltung der streitgegenständlichen Flächen entstanden ist. Voraussetzung hierfür sei, dass der Pächter als Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt habe, die weiteren Voraussetzungen des § 286 BGB vorliegen und nicht davon auszugehen ist, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.


Die Richter führten weiterhin aus, dass der Pächter seine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt habe, weil er die streitgegenständlichen Flächen nicht mit Ablauf des 31.03.2015 an den Verpächter herausgegeben hat. Mit Ablauf dieses Tages befand sich der Pächter mit der Herausgabe der Flächen in Verzug. Einer Mahnung bedurfte es nicht, weil der Pächter der Kündigung widersprochen und damit deutlich gemacht hatte, dass er die Herausgabe der Flächen endgültig und ernsthaft verweigere. Der Pächter habe auch die verspätete Rückgabe verschuldet. Das Risiko, die Rechtslage falsch zu beurteilen, trage er als Schuldner. Seine Verschulden werde vermutet.


Das AG Westerstede wies allerdings darauf hin, dass dem Verpächter die geltend gemachte Schadenssumme nicht in voller Höhe zustehe. Er könne keinen Ersatz für die Verhängung der mehrjährigen Sanktionen verlangen. Hintergrund der Sanktionen sei, dass der Verpächter in dem Förderantrag vom 15.05.2015 unzutreffend angegebenen hatte, dass er die streitgegenständlichen Flächen bewirtschaftete. Die Sanktionen beruhen somit auf den falschen Angaben des Verpächters und stellen keinen Verzugsschaden oder Schaden durch eine Pflichtverletzung des Pächters dar. Der Verpächter könne sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich der Pächter zum Zeitpunkt der Antragstellung mit der Rückgabe der streitgegenständlichen Flächen in Verzug befand. Dies habe nichts daran geändert, dass er gegenüber der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zutreffende Angaben machen musste. Es wären keine Sanktionen gegen ihn verhängt worden, wenn er seiner Wahrheitspflicht nachgekommen wäre. Hierdurch wäre ihm auch kein Nachteil entstanden, weil er die Förderbeträge für vorenthaltene Flächen gegenüber dem Pächter als Schadensersatz geltend machen konnte.


Constanze Nehls
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Agrarrecht
Fachanwältin für Arbeitsrecht
BTR Rechtsanwälte


1) Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. N 007 vom 23.10.2019
2) Statistisches Bundesamt, Eigentums- und Pachtverhältnisse der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) im Zeitvergleich, erschienen am 28.06.2017
3) 7 U 163/17 (L), RdL 2019, 21 mit Anmerkung Schele
4) vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2020, XII ZR 51/19, zitiert nach juris, zum Mietvertrag
5) 7 U 298/19 (L), zitiert nach juris
6) 5 S 98/18, zitiert nach juris
7) I-1 U 83/18, zitiert nach juris
8) XII ZR 51/19, zitiert nach juris
9) 7 U 1813/19 (L), RdL 2020, 222
10) 101 W 4/19, RdL 2020, 145
11) 7 U 163/17 (L), RdL 2019, 21 mit Anmerkung Schele, s. FN 3
12) Teilurteil vom 10.05.2019, LwZR 4/18, RdL 2020, 22 mit Anmerkung Graf von Hardenberg
13) Urteil vom 19.12.2918, 35 Lw 5050/17, RdL 2019, 176