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Vom Grünland zum Ackerland


veröffentlicht am: 12. April 2021

Das Verwaltungsgericht Stade hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen als Grünland klassifizierte Flächen infolge einer Gesetzesänderung zum 30.03.2018 als Ackerland eingestuft werden müssen. Es legt auch dar, wie der Nachweis dieser Voraussetzungen beschaffen sein muss.


VG Stade, Urteil vom 03.02.2021 – 6 A 867/19


Der Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Landwirtschaftsbetrieb. Sie bewirtschaftet mindestens seit dem Jahr 2013 u. a. die Schläge I und L, welche zusammen ca. 4,03 ha groß sind. Der Schlag I befindet sich auf dem Feldblock H und der Schlag L befindet sich auf dem Feldblock K.


Die Klägerin stellte beim Beklagten am 09.05.2018 einen Sammelantrag auf Erhalt von Direktzahlungen. Sie gab in den Grundinformationen zum Schlag 2018 (Anlage 1a) für die beiden Schläge den Kulturcode für Mähweiden an und trug in das Feld „Status Grünland“ jeweils die Abkürzung für Dauergrünland ein. Die Klägerin füllte zudem für die Schläge I und L die Mitteilung zu Feldblöcken bzw. Schlägen mit fehlerhaftem Grünlandstatus 2018 (Anlage 8) aus. Sie gab für beide Schläge an, dass es sich nach ihrer Auffassung um potentielles Dauergrünland handele. Zudem wies sie darauf hin, dass sie die Flächen Ende 2017 umgepflügt und im Jahr 2018 wieder mit Gras angesät habe.


Mit Schreiben vom 06.06.2018 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie die Schläge I und L im Zeitraum 16.05.2013 bis 28.12.2017 umgepflügt habe. Als Nachweis übersandte die Klägerin dem Beklagten zwei Rechnungskopien. Eine Kopie enthält die Position „Pflügen ohne Packer“ am 17.11.2017 auf 4,16 ha. Die andere Kopie belegt eine Rechnung vom 24.04.2018 über „Grassaat Meiners Q Moor S 5“ im Umfang von 300 kg.


Das Schreiben nebst Nachweisen ging am 11.06.2018 beim Beklagten ein.


Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30.08.2018 mit, dass die von ihr eingereichten Unterlagen nicht geeignet seien, das Umpflügen nachzuweisen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass an die Qualität der Nachweise hohe Anforderungen zu stellen seien. Die Nachweise müssten das Pflügen der betroffenen Fläche im genannten Zeitraum zweifelsfrei belegen können. Nach Ansicht des Beklagten erfüllten betriebliche Aufzeichnungen oder Rechnungen diese Anforderungen nicht. Aus diesem Grund stufte der Beklagte die Schläge I und L nach den geltenden Vorschriften weiterhin als Dauergrünland ein.


Die Klägerin reichte dem Beklagten sodann mit Schreiben vom 04.10.2018 Ausdrucke von Luftbildern von der Internetseite des Feldblockfinders ein. Auf dem Ausdruck der Fläche mit der Feldblocknummer O wurde handschriftlich erklärt: „Hiermit erkläre ich, das die Fläche mit der Feldblocknummer P. von mir gepflügt worden ist! Die Arbeiten wurden am 17.11.2017 von mir erledigt: Q..“ Auf dem Ausdruck der Fläche mit der Feldblocknummer K wurde handschriftlich erklärt: „Hiermit erkläre ich, das die Fläche mit der Feldblock­nummer R von mir gepflügt worden ist! Die Arbeiten wurden am 17.11.2017 von mir erledigt: Q..“ Unter beiden Erklärungen war der Stempel der Firma N. abgedruckt. Beide Erklärungen sind am 14.09.2018 unterschrieben worden.



Die Klägerin wies den Beklagten unter dem 07.12.2018 darauf hin, dass Zeugenaussagen nach § 26 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu den Beweismitteln zählen, mit denen das Vorliegen einer Tatsache bewiesen werden könne. Daher sei es rechtswidrig, Zeugenaussagen grundsätzlich anzuzweifeln, wenn es hierfür keine Anhaltspunkte gebe.


Der Beklagte verblieb bei seiner Bewertung, wonach es sich bei den Schlägen I und L um Dauergrünland handele. Er führte beide Schläge in dem Beihilfebescheid vom 13.12.2018 sodann als Dauergrünland. Mit Schreiben vom 28.01.2019 teilte er der Klägerin mit, dass die vorgelegten Zeugenaussagen verfristet eingereicht worden seien.


Mit Schreiben vom 18.04.2019 wies der Beklagte im Hinblick auf die eingereichten Rechnungen darauf hin, dass nach der Saatgutrechnung 74 kg je ha ausgebracht worden sein sollen, während vom Hersteller nur 35-40 kg empfohlen würden. Die Rechnung sei zudem nicht schlagbezogen und, weil die errechnete Aussaatstärke nicht der empfohlenen Aussaatstärke entspreche, sei die Rechnung nicht eindeutig den Schlägen I und L zuzuordnen. Ebenso sei die Rechnung des Lohnunternehmens nicht schlagbezogen und eindeutig der Fläche zuzuordnen. Der Beklagte wies darauf hin, dass die mit Sammelantrag eingereichte Anlage 8 der Klägerin gemäß den Vorgaben überprüft und hiernach festgelegt worden sei. Eine Änderung des Flächenstatus erfolge auch nach nochmaliger Überprüfung nicht.


Die Klägerin erhob gegen das Schreiben des Beklagten vom 18.04.2019 Klage. Sie ist der Auffassung, bei diesem Schreiben handele es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG, da der Beklagte darin die Anerkennung des „Ackerlandstatus“ abgelehnt habe. Die Entscheidung, ob eine Fläche den „Ackerlandstatus“ erhalte, ergehe aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften und sei eine Regelung.


Die Klägerin beantragte zuletzt sinngemäß, den Bescheid vom 18.04.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, durch einen Bescheid anzuerkennen, dass die Schläge I und L im Jahr 2017 gepflügt wurden und deshalb für das Antragsjahr 2018 nicht als Dauergrünland zu bewerten sind sowie dass beide Flächen bis zum 15.05.2023 ohne Genehmigung gepflügt werden dürfen.


Hilfsweise beantragte sie sinngemäß festzustellen, dass die Schläge I und L im Jahr 2017 gepflügt wurden und deshalb für das Antragsjahr 2018 nicht als Dauergrünland zu bewerten sind und bis zum 15. 05.2023 ohne Genehmigung gepflügt werden dürfen.


Der Beklagte beantragte die Abweisung aller Klageanträge.


Das Urteil

Das Verwaltungsgericht Stade hielt den als Hauptantrag gestellten Verpflichtungsantrag für unzulässig. Die Richter führten aus, dass mit der Verpflichtungsklage nur die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden könne. Dies setze jedoch voraus, dass ein abgelehnter Verwaltungsakt vorliege. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stade sei dies nicht der Fall. Das Schreiben des Beklagten vom 18.04.2019 stelle keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetz (Nds. VwVfG) in Verbindung mit § 35 VwVfG dar. Gemäß § 35 Satz 1 VwVfG sei ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei. Eine Regelung sei anzunehmen, wenn die Maßnahme der Behörde darauf gerichtet sei, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, das heißt wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Regelungscharakter habe eine Maßnahme dann, wenn sie nach ihrem Erklärungsgehalt darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen.


Das Verwaltungsgericht Stade führte unter Berücksichtigung dieser Grundsätze aus, dass der Beklagte in dem Schreiben vom 18.04.2019 keine Regelung mit Außenwirkung getroffen habe, die aus der Sicht des Empfängers nach ihrem Erklärungsinhalt darauf gerichtet ist, mit bindender Wirkung die Anerkennung eines „Ackerlandstatus“ zu verneinen. Die Richter wiesen darauf hin, dass es sich bei diesem Schreiben bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild nicht um einen Verwaltungsakt handele. Das Schreiben habe weder einen Tenor, noch eine hierauf bezogene Begründung oder eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Zudem habe der Beklagte in diesem Schreiben lediglich seine Rechtsauffassung geäußert und eine solche nicht verbindlich festgestellt. Die das Schreiben beendenden Sätze, wonach die mit dem Sammelantrag eingereichten Anlagen 8 überprüft und der Flächenstatus hiernach festgelegt und nicht mehr geändert werden, enthielten dem Wortlaut nach keine Regelung zu einem „Flächenstatus“. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Beklagte vielmehr darauf Bezug nehme, dass ein „Flächenstatus“ bereits „festgelegt“ sei. Dass diese Festlegung nicht geändert werde, sei dem Wortlaut nach keine Regelung zu einem „Status“.


Den von der Klägerin gestellten Hilfsantrag hielten die Verwaltungsrichter in Bezug auf die Feststellung, dass die streitgegenständlichen Schläge I und L im Jahr 2017 gepflügt worden sind, ebenfalls für unzulässig. Sie begründeten dies damit, dass es sich bei dem Antrag nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handele. Stattdessen strebe die Klägerin die Feststellung eines tatsächlichen Umstandes.


Der Hilfsantrag, wonach die streitgegenständlichen Schläge nicht als Dauergrünland zu bewerten sind und aufgrund dessen bis zum 15.05.2023 ohne Genehmigung gepflügt werden dürfen, war nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stade dagegen zulässig und jedenfalls überwiegend begründet.


Die Richter verwiesen auf § 16 Abs. 3 Satz 1 Direktzahlungen-Durchführungsgesetz. Danach darf Dauergrünland nur mit Genehmigung umgewandelt werden. Die Genehmigungsbedürftigkeit setze jedoch voraus, dass es sich bei der Fläche, die umgewandelt werden soll, um eine Dauergrünlandfläche handelt. Nach § 2a Abs. 1 der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung gelten Flächen als Dauergrünland, wenn sie mindestens fünf Jahre lang nicht umgepflügt worden sind, sofern die Flächen durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes sind. Mit dieser zum 30.03.2018 in Kraft getretenen Regelung habe die Bundesrepublik Deutschland von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Definition von Dauergrünland um die sog. „Pflugregelung“ zu erweitern. Hierdurch sollte das aus agronomischer und ökologischer Sicht relevante Umpflügen als Kriterium für die Einstufung von Dauergrünland heranziehbar werden. Beim Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen mit einem regelmäßigen Umpflügen in Zeitabständen von weniger als fünf Jahren handele es sich üblicherweise um eine intensive ackerbauliche Nutzung. Es entstünden dadurch nicht die für den Wert von Dauergrünland typischen überwiegend mit dauerhaften Pflanzengemeinschaften aus Gräsern und Kräutern besiedelten Flächen. Ein besonderes Erhaltungsinteresse wie beim klassischen Dauergrünland gebe es daher nicht. Stattdessen unterliegen diese Flächen dann den Greening-Vorschriften für Ackerland, nämlich der Anbaudiversifizierung und dem Erfordernis der Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen. Die Verwaltungsrichter wiesen darauf hin, dass dies auch für solche Flächen gelte, die im Jahr 2018 aufgrund der Anwendung dieser Option von Dauergrünland nach der bisherigen Definition in Ackerland umklassifiziert werden. Es sei dem deutschen Verordnungsgeber bewusst gewesen, dass durch die Änderung der Definition von Dauergrünland Flächen, auf denen Gras und Grünfutter angebaut werden, nunmehr als Ackerland einzustufen sind, weil sie aufgrund des Umpflügens kein schützenswertes Dauergrünland mehr darstellend. Damit habe er bewusst in Kauf genommen, dass es nach der neuen Definition weniger Dauergrünlandflächen geben wird.


Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen sah das Verwaltungsgericht Stade die Schläge I und L gemäß § 2a Direktzahlungen-Durchführungsverordnung am 30.03.2018 nicht (mehr) als Dauergrünland im Sinne dieser Vorschrift an, da diese Flächen im Jahr 2017 gepflügt worden sind.


Zur Begründung verwiesen die Richter auf § 10a InVeKoS-Verordnung. Danach könne der Betriebsinhaber den Nachweis, dass eine Fläche, für die im Jahr 2017 noch die gesetzliche Voraussetzung für die Bewertung als Dauergrünland vorlag und die aufgrund § 2a Direktzahlungen-Durchführungsverordnung für das Jahr 2018 nicht mehr als Dauergrünland zu bewerten ist, schriftlich im Zusammenhang mit dem Sammelantrag für das Jahr 2018 führen. Der Nachweis müsse jedoch spätestens bis zum 11.06.2018 erbracht werden. Hierfür seien Angaben und Unterlagen zur Lage und Größe der betroffenen Fläche beizufügen sowie ein geeigneter Nachweis für das Umpflügen.


Nach Ansicht der Richter war zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schläge I und L im Jahr 2017 nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften als Dauergrünland zu bewerten waren. Allerdings habe die Klägerin für diese Schläge den Nachweis des Pflügens nach Maßgabe des § 10a Abs. 1 InVeKoS-Verordnung geführt, da sie schriftlich im Zusammenhang mit dem Sammelantrag 2018 die beiden Flächen ihrer Lage und Größe nach benannt hat, indem sie die Anlage 8 ausgefüllt und in dieser vermerkt habe, dass die beiden Schläge im Jahr 2017 gepflügt und mit Gras neu angesät worden seien. Sie hat auch geeignete Nachweise für das Umpflügen vorgelegt, nämlich die Kopie einer Rechnung vom 24.04.2018 über den Kauf von Saatgut, die Kopie einer Rechnung des Lohnunternehmens vom 27.11.2017 über das Pflügen sowie schriftliche Zeugenaussagen des Mitarbeiters des Lohnunternehmens über die Durchführung der Arbeiten.


Für die Richter war es rechtlich nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte die von der Klägerin übersandten Beweismittel nicht als geeignete Nachweise im Sinne des § 10a InVeKoS-Verordnung anerkannt hat. § 10a InVeKoS-Verordnung enthalte keine näheren Regelungen dazu, was unter dem Begriff „geeignete Nachweise“ zu verstehen sei. Deswegen sei auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrens zurückzugreifen. Gemäß § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 VwVfG bediene sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie könne insbesondere Auskünfte jeder Art einholen, Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen, Urkunden und Akten beiziehen, den Augenschein einnehmen. Die Nichtberücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten Rechnungskopie und schriftlichen Zeugenaussagen sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stade ermessensfehlerhaft, weil kein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung vorlag. Der Beklagte habe die von der Klägerin eingereichten Nachweise mit der Begründung abgelehnt, dass bei privaten Zeugenaussagen die Richtigkeit dieser angezweifelt werden könne, und dass auch betriebliche Aufzeichnungen, wie Rechnungen, zweifelhaft seien. Hierin liege jedoch kein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung solcher Unterlagen.
Der Beklagte nehme mit dieser Begründung vielmehr eine Beweiswürdigung vorweg. Das Ergebnis einer vorgenommenen vorweggenommenen Beweiswürdigung könne aber nicht gleichzeitig ein sachlicher Grund dafür sein, solche Beweismittel gar nicht erst zum Beweis einer Tatsache zuzulassen. Die vorgelegten Rechnungskopien und schriftlichen Zeugenaussagen seien grundsätzlich geeignete Beweismittel, um das Pflügen der in Rede stehenden Fläche zu beweisen. Ob das Pflügen mit diesen Beweismitteln zur Überzeugung des Beklagten bzw. des Gerichts belegt worden ist, sei das Ergebnis der Beweiswürdigung.


Die Verwaltungsrichter hielten die Auffassung des Beklagten, bei der in § 10a Abs. 1 Satz 1 InVeKoS-Verordnung genannten Frist zum 11.06.2018 handele es sich um eine Ausschlussfrist mit der Folge, dass die nach diesem Tag eingereichten schriftlichen Zeugenaussagen nicht zu berücksichtigen seien, für abwegig. Weder aus dem Wortlaut des § 10a InVeKoS-Verordnung, aus der Begründung des Verordnungsgebers (BRat-Drs. 61/18) noch dem Sinn und Zweck dieser Regelung sei schließen, dass im Falle bereits vorgelegter Unterlagen weitere Unterlagen, die nach Ablauf der Frist vorgelegt werden, nicht zu berücksichtigen seien. Dies gelte insbesondere für den vorliegenden Sachverhalt, in dem weitere Beweismittel nur deswegen nachgereicht wurden, weil der Beklagte der Klägerin nach Fristablauf mitgeteilt hatte, dass die bisher vorgelegten Unterlagen nicht geeignet seien, das Pflügen der Fläche zu beweisen. In diesem Fall sei nicht durch sachliche Gründe nachzuvollziehen, dass der Beklagte sich einer weiteren nach § 10a InVeKoS-Verordnung erforderlichen Prüfung unter Verweis auf eine Ausschlussfrist entziehe, ohne vorher mitzuteilen, welche Beweismittel er als grundsätzlich geeignet ansehe. Auch wenn der Beklagte nicht von vornherein anzugeben habe, welche Nachweise er akzeptiere, könne er sich im Nachhinein jedenfalls nicht auf das Vorliegen einer Ausschlussfrist berufen. Ein solches Verhalten sei widersprüchlich.


Zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts Stade steht fest, dass die Klägerin die Schläge I und L im Jahr 2017 gepflügt habe. Es stimme zwar, dass die von der Klägerin vorgelegte Rechnung vom 24.04.2018 über den Kauf von insgesamt 300 Kilo Saatgut nicht „schlagbezogen“ sei und diese allein den Nachweis des Pflügens nicht erbringen konnte. Allerdings liefere die Rechnung ein erstes Indiz dafür, dass die Klägerin vor dem Pflügen und der Neuansaat im Jahr 2018 genügend Saatgut für beide Flächen beschafft hatte. Jedenfalls durch die schriftlichen Zeugenaussagen des Mitarbeiters des Lohnunternehmens konnte der Nachweis des Pflügens geführt werden. Dieser gab unter Bezugnahme auf die in Rede stehenden Flächen an, die Flächen am 17.11.2017 gepflügt zu haben. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen seien weder von dem Beklagten konkret dargelegt worden noch ersichtlich. Der Zeuge hatte kein eigenes, insbesondere kein wirtschaftliches Interesse an dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Seine Angaben wurden dadurch gestützt, dass das Lohnunternehmen diese Arbeiten auch in Rechnung gestellt hat. Die Klägerin hat die Rechnung vom 27.11.2017 vorgelegt. Zwar bezog sich diese nicht konkret auf die Schläge I und L aber anhand der Angabe, dass am 17.11.2017 4,16 ha gepflügt worden seien, haben die Richter geschlossen, dass es sich um die Schläge I und L gehandelt habe. Diese haben eine Gesamtgröße 4,0285 ha, welche von der Angabe in der Rechnung abweiche. Allerdings begründe die Abweichung um 0,1315 ha weder Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung noch an den Angaben des Zeugen.
Zum einen sei diese Abweichung gering und zum anderen sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Lohnunternehmer, der bei seinen Arbeiten regelmäßig selbst eine Messung der von ihm bearbeiteten Fläche vornimmt, nicht etwas mehr von der Fläche gepflügt haben soll als im Sammelantrag für die Direktzahlungen angegeben wurde.


Das Verwaltungsgericht Stade urteilte, dass die Schläge I und L nur bis zum 17.11.2022 ohne Genehmigung gepflügt werden dürfen und blieb damit hinter dem Klageantrag zurück. Die Richter begründeten dies mit dem Wortlaut des § 2a Direktzahlungen-Durchführungsverordnung sowie Artikel 4 Abs. 1 h) VO (EU) Nr. 1307/2013, wonach die Fläche mindestens fünf Jahre nicht umgepflügt worden sein darf. Danach beginne die Fünfjahresfrist mit dem letzten Pflügen, d. h. am 17.11.2017. Mit Ablauf der Fünfjahresfrist würden die Flächen, soweit die weiteren Voraussetzungen des § 2a Direktzahlungen-Durchführungsverordnung vorliegen, wieder Dauergrünland werden und das weitere Pflügen sei nach § 16 Abs. 3 Satz 1 des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes genehmigungsbedürftig, hier ab dem 18.11.2022.


Urteilsanmerkungen

von Rechtsanwältin Constanze Nehls, Fachanwältin für Agrarrecht, Fachanwältin für Arbeitsrecht, BTR Rechtsanwälte


Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stade bezieht sich auf eine zeitliche Ausnahmesituation aufgrund einer Gesetzesänderung zum 30.03.2018. Die praktische Relevanz des Urteils mag sich daher erst auf den zweiten Blick erschließen.


Im verwaltungsrechtlichen Verfahren besteht der in § 24 VwVfG normierte Untersuchungsgrundsatz. Danach ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Wichtig ist, dass die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat. Sie darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.


In der Praxis ist es allerdings nicht selten, dass die Behörden ihre Entscheidungen aufgrund Aktenlage oder aufgrund eigener Ermittlungen treffen. Bei den eigenen Ermittlungen fehlt es in der Regel an der für den Bürger günstigen Sichtweise. Stattdessen entscheiden die Behörden nach eigenem Gutdünken, welche Beweise sie im Laufe des Verfahrens erheben und wie sie die Beweise bewerten. Aus diesem Grund sind die deutlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stade zum § 26 VwVfG lesenswert. Die Richter zeigen darin den Strauß der Möglichkeiten auf, die der Behörde unter anderem zur Verfügung stehen und die sie zur Erfüllung des Untersuchungsgrundsatzes auch ausschöpfen muss.